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Neuraltherapie

Die Neuraltherapie ist im Grunde eine punktuell vorgenommene Anästhesie-Behandlung. Die Schulmedizin erkennt ihre Wirkung nicht als hinreichend an. Daher wird die Injektionsbehandlung mit lokal betäubenden Injektionsmitteln nur im Rahmen einer Behandlung bei ausgebildeten Heilpraktikern durchgeführt. Als Entwickler dieser Therapieform, die schon seit den 1920er Jahren bekannt ist, gelten die Brüder Ferdinand und Walter Huneke.

Was kennzeichnet diese Therapieform?

Zwei verschiedene Therapiezweige haben sich neben der Infusions-Neuraltherapie – auch als “Reset-Therapie” bekannt – herausgebildet: Die Segmenttherapie und die Störfeldtherapie.

Die Segmenttherapie setzt direkt am Schmerzort bzw. im Bereich der vorliegenden Beschwerden an. Die Störfeldtherapie geht davon aus, dass Störfelder selbst vollkommen schmerzfrei und unauffällig bleiben können. Sie können aber an anderer Stelle Beschwerden verursachen. Das kann zum Beispiel bei Verwachsungen oder Nervenreizungen durch eine Narbe der Fall sein.

Bei beiden Zweigen dieser komplementären Behandlungsform werden durch unter der Haut (intradermal) platzierte Injektionen mit lokal betäubenden Injektionslösungen wie Procain oder Lidocain Quaddeln gesetzt. Es geht dabei aber nicht um eine betäubende Wirkung, sondern um einen stimulierenden Effekt. Der Organismus soll durch diesen Reiz einen Anstoß bekommen, zur Heilung beizutragen.

Die Entwicklung der neuraltherapeutischen Ansätze

Ferdinand und Walter Huneke waren Ärzte. Die Grundlagen der Infusions-Neuraltherapie entstanden, als sie in den Zwanzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts ihrer Schwester helfen wollten. Diese litt schon seit Jahren an starken Migränebeschwerden. Trotz aller Behandlungsversuche ergab sich keine Schmerzlinderung.

1925 injizierte Ferdinand Huneke – vermutlich irrtümlich – ein Therapeutikum, das Procain enthielt, über eine Vene. An sich wollte er eine Procain-freie Injektionslösung nutzen. Die Migränebeschwerden verschwanden binnen kurzer Zeit. Noch erstaunlicher war, dass sie über längere Zeit nicht mehr auftraten. Dieses Ereignis ließ die Brüder aufmerken. Sie behandelten in der Folge weitere Patienten mit Procain.

Um weitere Erkenntnisse über dieses Phänomen zu erhalten, verabreichten sie die Injektionen mal intravenös, mal intramuskulär oder intradermal. So entstanden nach und nach die Konzepte für die Segmenttherapie. Etwas später entstanden die Störfeldtherapie oder die Ganglien-Blockade. Es erwies sich nämlich, dass die Segmenttherapie nicht bei allen Behandlungsversuchen erfolgreich war. Daraufhin entwickelten die Brüder die Theorie von den Störfeldern.

Den Hunekes zufolge handelt es sich dabei um latente oder akute chronische Entzündungszustände. Diese sollten ihrer Theorie zufolge den Organismus auf energetischer Ebene schwächen. Das sollte an anderer Stelle Symptome auslösen. Obwohl die Schulmedizin dieses Konzept anzweifelte, ist heute erwiesen, dass latente Entzündungsprozesse – beispielsweise durch viszerales Bauchfett – bei der Entstehung von Erkrankungen eine Rolle spielen.

Die neuraltherapeutischen Behandlungsformen

Neben der Infusions-Neuraltherapie sind heutzutage die Segmenttherapie und die Störfeld-Therapie als neuraltherapeutische Behandlungsformen etabliert. Die Ganglien-Blockade ist eine Form der Störfeldtherapie.

Die Grundannahme der Reset- oder Infusions-Neuraltherapie ist, dass als Begleiterscheinung von Schmerzen häufig Verkrampfungszustände in Muskelsträngen oder Gefäßwänden auftreten. Diese erschweren die Blut-, Sauerstoff- oder Nährstoff-Versorgung. Sie können außerdem die Ausleitung von Stoffwechselendprodukten im betroffenen Areal behindern. Selbst die Reizübertragung soll nur eingeschränkt funktionieren.

All diese Störungen ziehen Regulationsstörungen nach sich. Diese betreffen nicht nur die lokalisierbaren Schmerzgebiete, sondern auch andere Areale im Organismus. Wenn nun ein Lokalanästhetikums injiziert wird, bewirkt das eine kurzzeitige Unterbrechung von nervlichen Impulsen, die mit der Informationsweiterleitung befasst sind. Das betroffene Areal kann daher einen “Reset” vornehmen. Wenn nach dem Zurücksetzen alles wieder regulär funktioniert, sollen die Symptome gelindert und Schmerzen ausgeschaltet werden.

Im Rahmen der Störfeldtherapie werden vermutete Störfelder behandelt – etwa OP-Narben, Entzündungsherde oder wurzelbehandelte Zähne. Solche lokalen Störfelder können der Theorie nach Beschwerden durchaus an anderen Stellen im Organismus auslösen. Sie schwächen den Organismus. Die Quaddeln durch das injizierte Betäubungsmitte sollen das Störfeld ausschalten können. Der Effekt soll aber nicht nur lokal, sondern systemisch erfolgen. Er soll auch die Fernwirkungen von Störfeldern beseitigen.

Mittlerweile ist es allgemeine Ansicht, dass Störfelder tatsächlich verschiedene Erkrankungen oder Schmerzen auslösen können. Die Quaddel rund um die unterspritzte Narbe verschwindet nach etwa 20 Minuten. Die Langzeitwirkungen durch angestoßene Reparaturen und Regulationen im Organismus hält aber längere Zeit an.

Die Segmenttherapie ermöglicht es, über zuvor ermittelte Reflexzonen ein erkranktes Organ zu behandeln. Dabei wird eine subkutane Injektion in die Fettschichten der Haut vorgenommen. Alternativ kann die Injektion intrakutan erfolgen. In diesem Fall werden die Quaddeln nur in die oberflächlichen Hautschichten gesetzt.

Manchmal setzt der Heilpraktiker oder Neuraltherapeut seine Injektionen intramuskulär rund um sogenannte Triggerpunkte. Dabei kann es sich um schmerzhafte Stellen oder um lokale Muskelverhärtungen handeln. Die Quaddeln erinnern an Insektenstiche oder Urtikaria-Quaddeln.

Anwendung und Einsatzgebiete der Neuraltherapie

Heilpraktiker und Neuraltherapeuten setzen bei verschiedenen Regulations- und Funktionsstörungen neben anderen Behandlungsmethoden oft die Neuraltherapie ein. Zu den häufigsten Einsatzgebieten für neuraltherapeutische Maßnahmen gehören beispielsweise

  • Nervenschmerzen
  • Schmerzen rund um frische oder alte Narben
  • Schmerzen nach Gürtelrosen
  • unerklärliche Schmerzzustände
  • degenerativ-schmerzhafte Gelenkerkrankungen
  • Kopfschmerzen und Migräneschmerzen
  • chronische Entzündungen an wichtigen Organen
  • oder Erschöpfungszustände.

Die Injektionen werden je nach Störungsbild mit Procain, Lidocain, Mepivacain oder Prilocain vorgenommen.